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Sterilisation auch für den Mann möglich

Wenn heutzutage von Sterilisation gesprochen wird, so betrifft das in den meisten Fällen Frauen, die sich für diesen nicht ungefährlichen Eingriff entschieden haben. Nicht ungefährlich deshalb, weil sowohl der Eingriff in die Bauchhöhle, als auch die dazu notwendigen Narkosemaßnahmen ein erhebliches Risiko für die Gesundheit der Patientin darstellen. Die meisten Frauenärzte verweisen aus diesem Grund in dem vorangehenden Beratungsgespräch auf die Alternative, dass auch der Mann durch Sterilisation zur Familienplanung beitragen kann. 

Es gibt seitens der urologischen Kliniken und Fachpraxen strenge Maßstäbe bezüglich der Indikationsstellung. So sollte ein Mann, der sich sterilisieren lassen möchte, mindestens 30 Jahre alt sein und bereits Kinder haben. In einem offenen Gespräch mit Mann und Frau (soweit möglich) wird der Urologe die Gründe für eine solche Entscheidung zur Sterilisation erfragen. Keine Kinder in diese schlechte Welt setzen zu wollen, ist vielleicht für manchen sehr jungen Mann bedeutend, nicht aber für den Arzt. Solche Patienten operiere er nicht, sie sind allerdings auch nicht „typisch“, so Privatdozent Dr. med. J. Ullrich Schwarzer, niedergelassener Urologe aus Freising. Im Durchschnitt handele sich um den 35jährigen Mann, der bereits zwei Kinder hat und nach gründlicher Überlegung einen solchen Eingriff wünscht, weil die Partnerin die Pille nicht verträgt oder nicht akzeptiert, bzw. weil andere Verhütungsmethoden nicht möglich sind. 

Operiert wird ambulant

Urologische Voruntersuchungen sind im Hinblick auf die Operationsfähigkeit notwendig, zusätzlich wird von den meisten Ärzten eine Ultraschalluntersuchung der Nieren und der Hoden durchgeführt. Der Eingriff selbst geschieht ambulant, d. h. ohne stationären Aufenthalt. Unter örtlicher Betäubung werden zwei kleine Schnitte am Hodensack ausgeführt. Durch die etwa drei Zentimeter langen Öffnungen werden die Samenleiter freigelegt und anschließend durchtrennt. Bevor die Enden umgeschlagen, abgebunden und mittels elektrischem Strom verödet (koaguliert) werden, entnimmt der Arzt noch ein jeweils etwa ein Zentimeter langes Stück. Dieses wird zur Gewebeuntersuchung ins Labor geschickt, um sicherzustellen, daß es sich auch wirklich um die Samenleiter handelt. Dr. Schwarzer selbst allerdings favorisiert eine in Deutschland kaum bekannte, aber unblutigere OP-Methode. Bei der „non-scalpell“-Vasektomie, die der Urologe vor einigen Jahren von Kollegen aus den USA übernommen hat, wird nicht mehr zweimal geschnitten, sondern die Haut mittels einer speziellen Stichklemme nur an einer Stelle einen Zentimeter aufgedehnt. Beide Samenleiter werden mittels einer Ringklemme durch diese eine Öffnung freigelegt und wie oben angegeben durchtrennt. 

Die Vorteile der „non-scalpell“-Vasektomie: schnellere Heilung, weniger Komplikationen und geringere Kosten. Der Erfolg einer Vasektomie gelte allerdings erst dann als gesichert, so der Münchner Facharzt, wenn im Verlauf der Nachkontrollen mindestens zwei Spermiogramme negativ ausgefallen sind. Dazu muss jeweils in Abständen von mehreren Wochen in der Praxis Ejakulat auf das Vorhandensein von Spermien (Samenfäden) getestet werden. In extrem seltenen Fällen kann es nach Jahren auch bei korrekter Durchführung der Sterilisierung zu einer spontanen erneuten Verbindung der Samenleiter (Rekanalisation) kommen. Das Risiko für die Frau, auf Grund dessen schwanger zu werden, ist jedoch vielfach geringer, als die Möglichkeit einer Schwangerschaft bei regelmäßiger Einnahme der Pille.

Wenn der Mann es sich anders überlegt...

In früheren Jahren wurde die Sterilisierung des Mannes als ein potentiell irreversibler, also nicht rückgängig zu machender, Eingriff, propagiert. Heute dagegen besteht in jedem Fall die Möglichkeit, die Samenleiter unter dem Mikroskop chirurgisch wieder zu verbinden (Refertilisierung). „Allerdings ist ein solcher Eingriff nur erfolgversprechend in Bezug auf eine erneute Zeugungsfähigkeit“, so Dr.Schwarzer, „wenn ein nicht zu großer Zeitraum nach der Sterilisierung verstrichen ist. Prognostisch besteht bei bis zu fünf Jahren Verschlusszeit eine statistische Wahrscheinlichkeit von rund 60 Prozent, Vater zu werden." 

Umfragen in Deutschland haben ergeben, dass sich im Alter von 30 bis 40 Jahren zwei bis drei Prozent der Männer sterilisieren lassen. Gut ein Prozent lässt es rückgängig machen. Die Chancen auf Refertilisierung für eine sterilisierte Frau sind übrigens ähnlich gut.  

Copyright: Cornelia Kolbeck 1999Nachdruck nur mit Genehmigung